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#79 Lolita – Die Geschichte eines mysteriösen Verbrechens

Shownotes

Eine kleine Kerze in einem Küchenfenster. Ein Schlüsselbund, der auf einem Friedhof gefunden wird. Und ein Mann, der auf der Rückbank eines schwarzen Wagens liegt. Heute – bei Spurlos.

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Redaktion Sylvia Lutz Natalya Prokhorenko

Ton Migo Fecke (Soundhouse Tonproduktionen GmbH)

Eine Produktion der StellaLuisa GmbH In Zusammenarbeit mit Endemol Shine Germany und Rainer Laux Productions

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Transkript anzeigen

00:00:03: Eine kleine Kerze in einem Küchenfenster.

00:00:04: Ein Schlüsselbund, der auf einem Friedhof gefunden wird.

00:00:08: Und ein Mann, der auf der Rückbank eines Schwarzen Wagens liegt.

00:00:13: Heute bei Spurlos.

00:00:27: Hallo, liebe Sylvie.

00:00:29: Hallo, liebe Julien.

00:00:31: Ich muss jetzt erstmal hier ankommen und die Kurve kriegen.

00:00:34: Ich bin so ein bisschen nachdenklich gerade.

00:00:37: Mir ist gerade so so eine anrührende Begegnung passiert auf dem Weg hier.

00:00:41: Aber nein,

00:00:41: was ist dir denn passiert?

00:00:44: Ich hatte gerade so eine Begegnung mit einer Obdachlosen und ich muss vielleicht vorab schicken.

00:00:49: Ich weiß nicht, ob du das auch kennst.

00:00:51: Ich erwische mich schon manchmal dabei, dass ich solche Begegnungen scheue, dass wenn man das sieht, dass es auf einen zukommt, dass man da vorbeigehen muss, muss ich so zugeben, dass ich dann manchmal irgendwie die Straße wechsel oder mich so anders beschäftige, dass ich nicht konfrontiert werden muss.

00:01:11: Kennst du das

00:01:12: auch?

00:01:12: Ja, aber du wechselst ja wahrscheinlich nicht die Straßenseite, weil dir der obdachlose Unangenehm ist, sondern weil du nicht weißt, wie du dich korrekt verhalten sollst.

00:01:22: Ich glaube, es ist so eine Scham, eine Überforderung.

00:01:26: Ich weiß es eben gar nicht.

00:01:27: Genau das habe ich mich eben gefragt.

00:01:29: Weil ich ja hinterher merke, wenn ich mich dieser kleinen Situation stelle und in Verbindung mit demjenigen gehe, nur ganz kurz, also ich rede jetzt nicht vor einem zehn Minuten Gespräch, sondern von einem Moment, mir geht es eigentlich hinterher viel besser damit.

00:01:46: Also meine Erfahrung ist, weil ich das jetzt öfter so mache, Zwei Dinge.

00:01:52: Erstens gibt es meistens ein sehr schönes, positives Feedback.

00:01:55: Es gibt so einen Moment, weil ich glaube, dass Obdachlose es nicht gewöhnt sind, gesehen zu werden oder überhaupt nur kurz angesehen.

00:02:04: oder guten Morgen.

00:02:05: Oder dann wünsche ich Ihnen noch einen guten Tag, weil man denkt ja, oh Gott, dem kann ich ja keinen guten Tag wünschen.

00:02:10: All diese Dinge.

00:02:12: Ich habe selten erlebt, dass das in was Negatives mündet.

00:02:17: Und das zweite.

00:02:19: Ich fühle mich selber hinterher viel, viel besser.

00:02:23: Ich merke irgendwie, dass mir das Herz wärmer macht.

00:02:25: Und damit meine ich dieses persönliche Austauschen, also das ganz kurze Gespräch, abgesehen von, dass man natürlich, also ich gebe in den meisten Fällen natürlich auch was, das ist ja klar, aber das Schöne ist dann eigentlich unterm Strich der persönlichen Moment mit diesen Menschen.

00:02:43: Ja, das wollte ich an der Stelle einfach mal loswerden.

00:02:47: Sehr schöne.

00:02:48: Botschaft kurz vor Weihnachten.

00:02:50: Ja, ich versuch's, eine Botschaft auch an mich selber.

00:02:54: Für uns doch mal in den Fall ein, bitte.

00:02:57: Ja, wir erzählen heute die Geschichte von Lolita.

00:03:00: Es ist die Geschichte einer jungen Frau, die plötzlich verschwindet und deren Schicksal bis heute Fragen aufwirft.

00:03:10: Es ist Frühjahr, zwölf, und wir befinden uns vor dem Landgericht in Trier.

00:03:15: Hier stehen viele Menschen vor dem Haupteingang.

00:03:18: Die meisten sprechen aufgeregt miteinander.

00:03:20: Andere laufen fassungslos auf und ab und schweigen.

00:03:24: Reporter befragen die Anwesenden zu dem, was sie gerade in einem der Gerichtssäle gehört haben.

00:03:31: Denn vor wenigen Minuten erst wurde hier ein Urteil verkündet.

00:03:35: Ein Urteil, das die Menschen, die gerade noch im Gerichtsaal saßen und die Worte der Richterin hörten, zu tiefstbestürzt hat.

00:03:43: Es war das Urteil in einem außergewöhnlichen Prozess, dessen Ausgang in ganz Deutschland mit Spannung und Nervosität erwartet worden war.

00:03:53: Die großen Zeitungen sind hier vertreten.

00:03:55: Fernsehteams drängen sich vor dem Eingang des Gerichts.

00:03:58: Reporter machen eilig letzte Notizen.

00:04:02: Wochenlang hatten die Medien über den möglichen Ausgang dieses Gerichtsverfahrens spekuliert.

00:04:08: Und nun löst das Ergebnis, Betroffenheit und vor allem Entsetzen aus.

00:04:14: Während die Reporter und Zuschauer vor dem Gerichtsgebäude aufgeregt diskutieren, verlässt ein Mann durch einen Seiteneingang eilig das Gerichtsgebäude.

00:04:24: Dort wartet bereits ein schwarzer Wagen auf ihn.

00:04:27: Der Mann öffnet schnell die hintere Türe, legt sich auf die Rückbank und zieht sich eine dunkle Jacke über den Kopf.

00:04:35: Dann setzt sich der schwarze Wagen im Bewegung.

00:04:38: Langsam und fast lautlos rollte an der aufgebrachten Menschenmenge vor dem Haupteingang vorbei.

00:04:45: Niemand dort bemerkte den Mann, der reglos unter der Jacke versteckt auf dieser Rückband liegt.

00:04:52: Die Anwesenden vor dem Gerichtsgebäude reden immer noch durcheinander, hin und her gerissen zwischen Erleichterung, Empörung

00:05:00: und unglaubigen

00:05:01: Staunen.

00:05:02: Schon wenige Minuten später verbreiten die Medien das Urteil in Schlagzeilen, Allmeldungen und Live-Schalten im Fernsehen.

00:05:11: Dieses Urteil ist das Ende einer jahrelangen Suche nach der Wahrheit und das Ende eines Kapitels, das die Menschen der Region jahrzehntelang bewegt und verunsichert hat.

00:05:24: Aber für viele wirft das Urteil auch neue Fragen auf.

00:05:27: Wie wird es nun weitergehen?

00:05:29: Und welche Folgen wird diese Entscheidung noch nach

00:05:33: sich ziehen?

00:05:40: Nur wenige Minuten nach der Verkündung berichten die Medien über das Urteil in diesem Prozess am Landgericht in Trier.

00:05:47: Und kaum jemand bleibt unberührt davon.

00:05:49: Viele sind irritiert über die Entscheidung der Richter.

00:05:52: Doch so schwer es fällt, die Hinterbliebenen müssen mit dem Ergebnis leben, selbst wenn es ihrer Vorstellung von Gerechtigkeit widerspricht.

00:06:01: Ja, denn ein Gericht, das bewertet Beweise, Zeugenaussagen und natürlich Indizien und ein Gericht kann nur verhandeln, was sich rechtlich nachvollziehen und darstellen lässt.

00:06:12: Also so was wie moralisches Empfinden oder das tiefe Leid der Betroffenen haben in einem Urteilsspruch keinen Platz.

00:06:21: Und genau darum geht es auch in diesem Fall heute.

00:06:26: Das Ende macht es sehr nachdenklich und es zeigt, dass Ja, die sogenannte Wahrheit oft komplexer ist, als ein Urteil es je darstellen könnte.

00:06:38: Aber so schwer es fällt, das Urteil ist alternativlos.

00:06:42: Nach bestehendem Recht konnte nicht anders entschieden werden.

00:06:47: Es geht heute um das Schicksal von

00:06:49: Lolita.

00:06:51: Lolitas Eltern stammen aus Schlesien.

00:06:53: Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurden Millionen Deutsche aus Schlesien, Pommmern und Ostpreußen vertrieben.

00:07:00: Sie mussten ihre Heimat verlassen, oft unter dramatischen Bedingungen.

00:07:04: Sie verloren ihren Besitz, ihre Häuser und ihre vertraute Umgebung.

00:07:08: Und auch Lolitas Eltern sind genau davon betroffen, denn sie müssen ihre Heimat verlassen und in Westdeutschland ganz von vorne, ganz von unten neu anfangen.

00:07:17: Hast du auch Flüchtlingsurte?

00:07:19: Ja, ich glaube ganz viele.

00:07:20: Ganz

00:07:20: viele wahrscheinlich.

00:07:22: Wo sind die hingegangen dann?

00:07:24: Die Eltern von Lolita gehen zunächst ins Ruhrgebiet, da finden sie ... Ihr neues Zuhause und dort kommt Lolita im Jahr nineteenhundertsechzig auch zur Welt.

00:07:33: Sie ist das dritte Kind der Familie.

00:07:36: Im Laufe der Jahre folgen noch drei weitere Geschwister, sodass sie schließlich sechs Kinder sind.

00:07:42: In nineteenhundertsechzig verlassen Lolitas Eltern mit ihren Kindern dann das Ruhrgebiet und sie ziehen weiter Richtung Westen fast bis zur belgischen Grenze und zwar in die Eifel.

00:07:52: Und dort lassen sie sich in einem ganz kleinen Ort nieder, einem Ort, der Frauenkronen heißt.

00:07:57: Und

00:07:57: von diesen Dörfern ist es natürlich überall hin weit.

00:08:01: Kennt es auch, ich bin im Bayerischen Wald genauso aufgewachsen, da ist es ähnlich.

00:08:05: In diesen Gegenden scheint auch irgendwie die Zeit manchmal stehen geblieben zu sein.

00:08:10: Was man im Rückblick schon kritisch anmerken muss, ich glaube, dass sich das auch verändert hat, aber früher galten in solchen Landstrichen moderne Ideen, nenn ich es mal, glaube ich, öfters als störend oder auch überflüssig und fremden begegnete man mit Ich formuliere es mal vorsichtig mit Zurückhaltung.

00:08:31: Also wer neu in so eine Gemeinschaft kam, musste sich dem Platz erst mal erkämpfen, wenn es überhaupt je gelungen ist.

00:08:40: Und so geht es Lolitas Eltern.

00:08:42: Sie ziehen mit ihren Kindern Ende der Sechzigerjahre in die Eifel nach Frauenkronen.

00:08:47: Und für sie ist der Staat hier wirklich sehr schwer.

00:08:49: Das

00:08:49: ist eine Herausforderung.

00:08:51: Denn sie sind ganz neu in dieser dörflichen Gemeinschaft, in der sich alle schon ewig kennen.

00:08:56: Und auch viele Jahre nachdem Lolitas Familie hierhergezogen ist, tuscheln die alteingesessenen Einwohner noch hinter ihrem Rücken.

00:09:03: Und gelegentlich fallen Sätze wie, geht doch dorthin zurück, wo ihr hergekommen seid.

00:09:09: Die Familie von Lolita, die Vertriebenen aus Schlesien, die bleiben immer ein bisschen fremd in dieser Gegend, in der Eifel.

00:09:16: Das kennen, glaube ich, viele Vertriebene.

00:09:18: Mein Papa hat mir auch solche Geschichten erzählt, wie hart der Anfang da war.

00:09:23: Und dann ist mir aber auch noch was, Eigentlich aufgefallen in der Historie, in der Geschichte dieser Familie, was, glaube ich, erschwerend hinzukommt im Landleben.

00:09:33: Die Familie ist evangelisch.

00:09:35: Also, während alle Nachbarn in der Eifel katholisch sind, waren die evangelisch.

00:09:40: Und das war in den siebziger Jahren, glaube ich, auf dem Land ein großes Thema, das auch nicht gerade verbinden war, sondern spalten konnte.

00:09:49: Kann man sich nicht mehr vorstellen, aber war offensichtlich ein Thema.

00:09:54: Und nicht nur das.

00:09:55: Lolitas Familie lebt in sehr bescheidenen Verhältnissen.

00:09:59: Lolitas Vater arbeitet auf Montage.

00:10:02: Doch das Einkommen reicht kaum aus, um acht Personen über die Runden zu bringen.

00:10:06: Und die Familie gilt in der Umgebung wirklich als Arm.

00:10:09: Und es reicht oft nur für das Allernötigste.

00:10:12: Aber trotz dieser bescheidenen Verhältnisse und der Tatsache, dass sie nicht aus dieser Gegend stammt, ist Lolita bei den Kindern und Jugendlichen des Dorfes sehr beliebt.

00:10:22: Sie ist ein fröhliches Mädchen und alle schätzen ihre Hilfsbereitschaft, ihre Offenheit und ihren Humor.

00:10:28: See, ich habe mal eine Frage.

00:10:30: Dieser Name, Lolita, der ist ja mit bestimmten Bildern behaftet, sicher auch Vorurteile.

00:10:38: Also da haben die Eltern wahrscheinlich dem Kind nicht unbedingt einen Gefallen getan.

00:10:43: Aber was mich interessiert ist, warum Lolita?

00:10:46: Weil wenn du Jahrgang, vierundsechzig bist, heißt du doch eigentlich, wahrscheinlich weiß ich nicht, Sabine?

00:10:52: oder Claudia oder Max von Andrea.

00:10:53: Oder

00:10:54: Andrea, genau.

00:10:55: Lolita?

00:10:56: Warum?

00:10:57: Es gab eine ganz bekannte Schlagersängerin, die sich Lolita nannte und die in den Fünfziger und Sechziger Jahren sehr beliebt war in Österreich und in Deutschland.

00:11:06: Und Lolitas Vater, also der Vater unserer Lolita, der war ein riesiger Fan dieser Schlagersängerin.

00:11:12: Und so hat er seine Tochter nach ihr benannt.

00:11:16: Und wir haben hier auch Fotos von Lolita aus den Achtzigerjahren.

00:11:20: Sie ist darauf, glaube ich, ungefähr siebzehn Jahre alt.

00:11:24: Sehr hübsches Mädchen, strahlt irgendwie was Warmherziges aus, hat die Frisur, die wir in den Achtzigerjahren, glaube ich, alle hatten, so eine Föhnfrisur, das Ponys so zur Seite geföhnt.

00:11:37: Hier ist auch noch ein Ganzkörperfoto.

00:11:40: Ja, Jeans, Turnschuhe.

00:11:42: Pully, erst mal ein ganz normales junges Mädchen dieser Zeit, würde ich sagen.

00:11:47: Und die hat wahrscheinlich auch die Träume gehabt, die man mit siebzehn so hat.

00:11:52: Ganz sicher, vermutlich träumt sie, wie die meisten jungen Mädchen in ihrem Alter, auch von der Liebe.

00:11:58: Und ihre große Liebe, die findet sie früher als gedacht.

00:12:02: Denn Anfang der achtziger Jahre begegnet Lolita einem jungen Mann aus einem der Nachbardörfer.

00:12:08: Es ist Josef, den alle hier in der Gegend jupnen.

00:12:12: Josef ist drei Jahre älter als Lolita ist, also zwanzig Jahre alt, und die beiden verlieben sich ineinander.

00:12:18: Und Lolita wirkt überglücklich und Josef scheint es ganz genauso zu gehen.

00:12:23: Alles wirkt völlig normal.

00:12:26: Zwei junge Menschen, die ihre erste große Liebe erleben.

00:12:31: Doch niemand, der die beiden miteinander sieht, kann ahnen, dass diese Liebe kurze Zeit später in einer Katastrophe enden wird.

00:12:39: Ja, denn es gibt jemanden, dem diese junge Liebe ganz und gar nicht gefällt.

00:12:44: Und das ist Josefs Vater.

00:12:47: Also er sieht in der Liebesgeschichte zwischen Josef und Lolita keine harmlose Romanze, keine erste Liebe, sondern einfach nur eine Gefahr.

00:12:56: Eine Gefahr für den Ruf seiner Familie und für seinen Hof.

00:13:01: Denn Josef Vater ist einer der wohlhabendsten Landwirte in der Umgebung, ein Großbauer mit einem riesigen landwirtschaftlichen Betrieb, der schon seit Generationen in Familienbesitz ist.

00:13:14: Und Josef?

00:13:15: Das ist ja ganz klar, wird diesen Hof irgendwann übernehmen.

00:13:18: Er hat ihn zu übernehmen.

00:13:20: Das steht zu diesem Zeitpunkt natürlich schon fest.

00:13:23: Und genau deshalb passt ein Mädchen wie Lolita, ein Flüchtlingskind, in den Augen dieses Großbauerns überhaupt nicht in das Leben seines Sohnes.

00:13:33: Also, wir erinnern uns, die Lolita ist Tochter eines einfachen Arbeiters, sie kommt aus armen Verhältnissen, die Familie stammt nicht von hier, sind sogenannte Vertriebene und obendrein sind sie auch noch evangelisch.

00:13:47: Lolita ist also eine junge Frau ohne Mitgift und ohne gesellschaftliches Ansehen.

00:13:53: Und damit ist Lolita in dem Weltbild von Josefs Vater schlicht und einfach gesagt nicht standesgemäß.

00:14:01: Für den reichen Landwirt zählen Herkunft, Ansehen und vor allem Zeltbesitz.

00:14:06: Und all das hat Lolita gar nicht.

00:14:08: Im Dorf, so erzählt man später, soll Josef's Vater einmal gesagt haben, die hat nichts und die ist nichts und die kommt mir nicht auf den Hof.

00:14:17: Das ist doch völlig verrückt.

00:14:19: Lolita und Josef haben sich ja nicht in den Dreißiger Jahren verliebt oder die Fünfziger waren auch noch sehr konservativ, aber wir sprechen hier von den... Ja,

00:14:29: du bist ja so eine Stadtpflanze, ein Stadtkind.

00:14:32: In den Städten war das, glaube ich, das versuche ich ja immer so ein bisschen rauszuarbeiten.

00:14:36: Wirklich, ja, das war die Zeit des Aufbruchs, aber auf dem Land war es schon noch streng.

00:14:43: Also Ehre, Religion, Nachbarschaft, Familie, das hatte alles einen großen Wert und es gab halt viel mehr das als in der Stadt dieses, was denken die anderen?

00:14:56: in der Gemeinschaft.

00:14:57: Das ist ja immer Fluch und Segen.

00:14:58: Die anderen veranken dich auf, aber die anderen können dich ja auch abwerten, wenn irgendwas nicht in die Normen passt.

00:15:06: Josefs Vater macht absolut kein Hehl aus seiner Abneigung.

00:15:10: Von Anfang an ist klar, dass diese Verbindung in seinen Augen eine Schande ist.

00:15:15: Er setzt Josef unter Druck, er droht ihn zu enterben und er lässt überhaupt kein Zweifel daran, dass er diese Liebesbeziehung für einen ganz großen Fehler hält.

00:15:25: Lolita darf den Hof von Josef's Vater nicht betreten.

00:15:29: Wenn sie Josef bei ihm zu Hause abholen will, dann muss sie draußen auf der Straße warten, ein Stück entfernt vom großen Hoftor.

00:15:35: Und dort wird sie dann oft von den Bewohnern des Dorfes gesehen.

00:15:39: Manchmal vertreiben Josef's Eltern das wartende junge Mädchen und einmal wird sie sogar vom Hofhund verjagt, den jemand hinaus auf die Straße gelassen

00:15:47: hat.

00:15:48: Also stellts euch mal vor, wie er niedrigend das sein muss.

00:15:52: Du stehst da an der Straße und er wird dir der Hund rausgelassen und du musst weglaufen, das ist doch füchterlich.

00:16:00: Josef und Lolita, die sind in einem ganz anderen Film, das sind ja fast noch Teenager an der Schwelle zum Erwachsen werden und denen es wahrscheinlich völlig wurscht, was gerade standesgemäß ist oder nicht.

00:16:11: Und Josef scheint wirklich sehr viel für Lolita zu empfinden, denn er lässt sich von seinem Vater nicht unterkriegen.

00:16:18: Und dazu muss gesagt werden, sein Vater soll ein unglaublich autoritärer, herrischer Mann gewesen sein.

00:16:24: Also ich möchte nicht wissen, wie er bittert auf diesem Hof gestritten wurde.

00:16:28: Aber Josef lässt sich nicht beirren, er steht trotzdem zu Lolita.

00:16:32: Wenn er gelegentlich zu Besuch ist bei ihr zu Hause, also bei Lolita und ihrer Familie, dann sagt er am Küchentisch ihrer Eltern manchmal Sätze wie, ich heirate die Lolita, da kann sich mein Alter auf den Kopf stellen.

00:16:44: Lolita und Josef treffen sich weiterhin, aber jetzt eben heimlich, so dass der Vater es nicht mitbekommt.

00:16:50: Aber in diesen Dörfern weiß jeder alles und natürlich erfährt auch Josefs Vater irgendwann, dass die Beziehung seines Sohnes zu Lolita alles andere als beendet ist.

00:17:02: Viele Jahre später wird Lolitas Mutter sagen, dass Josef seinem Vater höreg war.

00:17:08: So drückt sie das aus.

00:17:09: Und damit beschreibt sie ein ganz klares Machtverhältnis.

00:17:13: Josef ist seinem Vater regelrecht ausgeliefert.

00:17:16: Und obwohl er inzwischen einundzwanzig Jahre alt ist, ist er letztendlich unfähig, sich gegen den Willen seines Vaters durchzusetzen.

00:17:25: Einerseits liebt der Lolita offensichtlich wirklich, das sagt er ja auch ganz offen vor deren Familie, wenn er da zu Besuch ist.

00:17:32: Andererseits fühlt er sich seinem Vater verpflichtet, ja fast wie ein Gefangener.

00:17:38: Im Sommer deiner Zeit scheint Josefs Vater seinen Willen schließlich durchgesetzt zu haben.

00:17:44: Denn Josef trennt sich von Lolita, er beendet die Beziehung.

00:17:48: Und für Lolita bricht eine Welt zusammen.

00:17:50: In ihrer Verzweiflung sieht sie keinen Ausweg mehr.

00:17:53: Eines Abends nimmt sie eine große Menge Tabletten.

00:17:56: Doch ihre Mutter findet sie noch rechtzeitig und Lolita wird ins Krankenhaus gebracht.

00:18:01: Und dort gelingt es den Ärzten, ihr Leben zu retten.

00:18:06: Und im Spätsommer, twohundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundund.

00:18:33: Lolita hilft jetzt in einer Schneiderei aus und arbeitet dort als Näherin.

00:18:39: Doch das ist nicht die einzige Veränderung in Lolitas Leben.

00:18:43: Einige Wochen nach ihrem Umzug nimmt Josef wieder Kontakt zu ihr auf.

00:18:47: Er besucht sie nun regelmäßig in ihrer neuen kleinen Wohnung in Jönkerath und es scheint, dass habe Josef sich über den Willen seines Vaters endgültig hinweggesetzt.

00:18:57: Und dann stellt sich noch etwas heraus.

00:18:59: etwas, das alle im Umfeld des jungen Paares in große Unruhe versetzt.

00:19:04: Lolita ist nämlich schwanger.

00:19:07: Sie wird Mutter.

00:19:08: Die ganze Situation ist dramatisch.

00:19:11: Lolita und der Vater ihres ungeborenen Kindes lieben sich.

00:19:15: So sieht es jedenfalls aus.

00:19:16: Aber Lolitas Familie und jedem im Dorf ist klar, dass Josef's Vater vor Wut außer sich sein wird, wenn er es erfährt.

00:19:24: Aber zunächst fängt alles ganz wunderbar an.

00:19:27: Lolita beginnt da mit Babykleidung zu stricken und Josef besucht sie nun fast täglich in ihrer kleinen Wohnung.

00:19:35: Er wirkt glücklich und scheint sich auf das Baby zu freuen.

00:19:38: Er begleitet Lolita zu Arztterminen und wenn er verhindert ist, bittet er seinen besten Freund für ihn einzuspringen.

00:19:45: Und dieser Freund, wir nennen ihn hier Christian, der holt Lolita dann mit dem Wagen ab und fährt sie zu den Kontrollterminen.

00:19:54: Lolitas Schwangerschaft ist natürlich ein großes Thema auf den Dörfern in der Umgebung und es wird viel getuschelt und viel spekuliert.

00:20:02: Und natürlich erfährt auch Josef's Vater irgendwann, dass die Freundin seines Sohnes ein Kind erwartet.

00:20:08: Für ihn ist das erwartungsgemäß eine Katastrophe, ein unehrliches Kind, noch dazu von einer jungen Frau, die er nie akzeptiert hat.

00:20:18: Josef's Vater äußert ganz unmissverständlich, wie er über die Sache denkt.

00:20:23: Sie muss enden und zwar sofort.

00:20:26: Und das Baby soll weg.

00:20:28: Denn Josefs Vater fürchtet nicht nur um seinen Ruf, sondern auch um seinen Hof.

00:20:33: Er möchte auf gar keinen Fall, dass Lolitas Kind später Ansprüche auf das Erbe erheben könnte.

00:20:40: Allerdings hatten in den achtziger Jahren unehrliche Kinder noch nicht den gleichen Erbannspruch wie ehrliche Kinder.

00:20:46: Das wurde erst später geändert.

00:20:48: Und Josefs Vater wird das sicher gewusst haben, Aber vermutlich befürchtet er trotzdem Komplikationen in Bezug auf das Erbe.

00:20:56: Von einer Abfindung ist jetzt die Rede.

00:20:59: Josefs Vater so wird gemunkelt, möchte Lolita einen hohen Geldbetrag anbieten, um die ganze Sache aus der Welt zu schaffen.

00:21:06: Was auch immer er damit konkret meint, das wissen wir nicht.

00:21:10: will er, dass Lolita keine Ansprüche stellt, dass sie wegzieht, denkt er an Abtreibung.

00:21:16: Genaueres ist nicht bekannt.

00:21:18: Gesagt hat er wohl, er wolle die Angelegenheit mit Geld regeln.

00:21:22: Und

00:21:23: wie steht Ihre Familie, also Lolitas Familie, zu der Schwangerschaft?

00:21:26: Lolitas Familie steht absolut hinter ihr und alle sagen immer, wenn Josef sich nicht um das Kind kümmern sollte, dann ... kriegen wir das Kind auch ohne ihn?

00:21:35: groß so sagen ist, die Schwestern.

00:21:36: Die Unterstützung ihrer Eltern und ihrer Geschwister, die hat Lolita.

00:21:41: Und wie steht Lolita selbst, also zu dieser geplanten Abfindung oder ja zu einer Abtreibung?

00:21:47: Beides

00:21:48: kommt für sie überhaupt nicht in Frage.

00:21:50: Vor allem eine Abtreibung scheint für sie ausgeschlossen zu sein.

00:21:54: Lolita freut sich auf ihr Baby und sie möchte das Kind gerne bekommen.

00:21:58: Aber nun kommt es zwischen Lolita und Josef

00:22:01: oft

00:22:02: zu Streitereien.

00:22:03: Wahrscheinlich steht Josef unter enormen Druck, denn wir haben es ja schon erwähnt, sein Vater ist bekannt für seine unerbittliche und sehr autoritäre Art.

00:22:13: Er ist ein aggressiver, ein einschüchterner Mann, der keinen Widerspruch duldet.

00:22:19: Lolitas Vermieterin in Jüngerrad, die in dem selben Haus lebt wie Lolita, hört nun sehr oft laute Auseinandersetzungen zwischen Josef und der schwangeren Lolita.

00:22:29: Immer wieder versucht Josef, sich von Lolita zu trennen.

00:22:33: Aber dann kommt der kurze Zeit später doch wieder zurück.

00:22:37: Auch am Abend des dritten November, two hundred eighty, besucht Josef Lulita in ihrer kleinen Wohnung in Jönkarat.

00:22:44: Die Vermieterin wird später aussagen, dass sie an diesem Abend einen lauten Streit zwischen Josef und Lulita hört.

00:22:51: Sie hat schon oft mitbekommen, dass die beiden sich anschreien, aber an diesem Abend ist es besonders laut.

00:22:58: Die Vermieterin klopft schließlich an Lolitas Wohnungstür und bittet sie darum, leiser zu sein.

00:23:04: Kurz darauf verlässt Josef die Wohnung von Lolita.

00:23:09: Der Vater möchte mit ihr und Josef besprechen, wie es weitergehen soll.

00:23:23: Vorher möchte Lolita aber noch einmal mit Josef allein reden und deshalb hätte sie vor, ihn am Nachmittag auf dem Hof seiner Eltern aufzusuchen.

00:23:33: Die Kollegin bietet Lolita an, sie ein Stück in ihrem Auto mitzunehmen, denn sie muss in dieselbe Richtung fahren.

00:23:39: Lolita nimmt das Angebot an und sie steigt kurze Zeit später, es ist jetzt ungefähr dreizehn Uhr dreißig, zu dieser Kollegin in deren Wagen.

00:23:49: Während der Fahrt unterhalten sich die Frauen und die Arbeitskollegin möchte wissen, ob dies das erste Mal sei, dass Lolita den Hof von Josef's Vater betreten werde.

00:23:59: Lolita bestätigt das.

00:24:01: Noch nie zuvor war sie wirklich auf dem Hof.

00:24:05: Dann spricht die Kollegin das Thema Geschenke an.

00:24:07: Sie fragt, ob Lolita etwas dabei habe, irgendeine Aufmerksamkeit ein Mitbringsel.

00:24:14: Lolita sagt, dass sie kein Geld habe.

00:24:16: Die Kollegin bietet an, ihr Fünfmarkt zu leihen, doch Lolita lehnt ab und erklärt, dass sie Josefs Eltern auf keinen Fall etwas schenken wolle.

00:24:26: An einer Kreuzung in Hallschlag etwa zwei Kilometer vor dem Hof von Josefs Eltern hält die Kollegin.

00:24:33: Sie selbst muss gerade ausweiter fahren und Lolita möchte von hier aus den Rest des Weges zu Fuß gehen.

00:24:40: Die Frau am Steuer, also die Kollegin, wird sich von diesem Tag an ihr Leben lang Vorwürfe machen und sich fragen, ob es etwas geändert hätte, wenn sie kurz abgebogen und Lolita die zwei Kilometer bis zum Hof von Josef's Familie gebracht und sie dort vor dem Tor abgesetzt hätte.

00:25:00: Aber mit dem Wissen von heute ist völlig klar, dass die Kollegin den Lauf der Dinge nicht hätte aufhalten können.

00:25:08: Es ist etwa vierzehn Uhr, als Lolita ein Halsschlag aus dem Auto ihrer Kollegin steigt.

00:25:13: Sie macht sich von hier aus allein auf den Weg zu dem Hof von Josefs Eltern.

00:25:18: Lolita trägt eine selbstgenähte Hose mit einem Pipitamuster, einen blauen Pullover und eine türkisfarbene Parkerjacke.

00:25:27: Sie läuft die Straße entlang.

00:25:28: Wenige Minuten später fährt eine Bekannte mit dem Auto vorbei.

00:25:32: Sie ist in die entgegengesetzte Richtung unterwegs, also in die Richtung, aus der Lolita gerade kommt.

00:25:38: Lolita hebt kurz die Hand und grüßt.

00:25:41: Die bekannte grüßt aus ihrem Wagen zurück und fährt weiter.

00:25:44: Das ist das letzte Mal, dass jemand Lolita lebend gesehen hat.

00:25:49: Denn von diesem Moment an fehlt jede Spur von der schwangeren, jungen Frau.

00:25:55: Am folgenden Tag, es ist ein Freitag, erscheint Lolita nicht bei der Arbeit und sie kommt auch nicht zurück in ihre Wohnung.

00:26:03: Und auch am Samstag bleibt sie verschwunden.

00:26:06: Lolitas Vermieterin wundert sich.

00:26:08: Deshalb ruft sie am Wochenende Lolitas Eltern an und fragt nach, ob mit Lolita alles in Ordnung sei.

00:26:15: Lolitas Familie ist sofort in Panik, denn weder ihre Eltern noch ihre Geschwister haben in den vergangenen Tagen etwas von Lolita gehört.

00:26:25: Sie beginnen nun sofort nach ihr zu suchen.

00:26:27: Sie fragen in den Nachbardörfern und sie durchsuchen Wege, Felder und Waldränder, doch von Lolita fehlt jede Spur.

00:26:35: Einige der Geschwister fahren nun nach Jüngerrad und sehen in Lolitas Wohnung nach, ob sie irgendeinen Hinweis darauf finden, wo ihre Schwester sein könnte.

00:26:46: Und dort in Lolitas Wohnung machen sie eine Entdeckung.

00:26:50: Sie finden einen Brief von Lolita und dieser Brief ist an Josef gerichtet.

00:26:56: Und heute unterstützt uns unser Kollege Tim und liest uns nun diesen Brief von Lolita vor.

00:27:05: Der Brief hat keine Anrede, aber es ist völlig klar an wen er gerichtet ist.

00:27:10: An Josef.

00:27:11: Lolita hat eine sehr klare Handschrift, sehr ordentlich und in dem Brief gibt es gar keine Korrekturen.

00:27:16: Sie hat nichts durchgestrichen.

00:27:18: Hier steht also.

00:27:21: Das, was du gestern Abend gesagt hast, hat mir ganz schön wehgetan.

00:27:26: Du musst dir entschuldigen, aber ich hatte mir eingeredet, du würdest mich genauso lieben wie ich dich.

00:27:31: Ich wusste ja nicht, dass du mich nur gut leiden kannst.

00:27:34: Ich bin dir im Weg.

00:27:35: Und daher ist es besser, wenn ich gehe.

00:27:38: Du hättest dich auf mich verlassen können, dein

00:27:40: Leben lang.

00:27:43: Es klingt sehr nach einem Abschiedsbrief und es klingt danach, als hätte Josef die Beziehung zu Lolita anscheinend endgültig beendet.

00:27:52: Es ist besser, wenn ich gehe.

00:27:54: Das kann natürlich vieles bedeuten, aber der Brief geht noch weiter.

00:27:59: Ja, ganz zum Schluss, schreibt Lolita.

00:28:03: All deine Sorgen wären gelöst, wenn ich tot wäre.

00:28:07: Ich liebe dich, es grüßt dich dein letztes Stück Dreck.

00:28:12: Lolita hat nicht mit ihrem Namen unterschrieben, nur mit dein letztes Stück Dreck.

00:28:19: Ja, so muss anscheinend Josef Lolita bezeichnet haben, denn wie kämen sie sonst drauf, das so zu unterschreiben, also zu zitieren?

00:28:28: Oder sind das vielleicht Worte des Vaters an sich gewesen?

00:28:32: Das wissen wir nicht.

00:28:33: Dein letztes Stück Dreck, das ist schon sehr erschreckend und erniedrigend.

00:28:38: Und die ganze Art des Briefes, da denkt man natürlich erstmal in eine ganz bestimmte Richtung, was danach passiert sein könnte.

00:28:46: Ja, und Lolitas Geschwister sind deshalb auch völlig verzweifelt, als sie den Brief finden.

00:28:51: Niemand weiß, wo Lolita sich aufhält, sie ist spurlos verschwunden.

00:28:56: Am Dienstag, den neunten November, nineteenhundertzehnundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundund.

00:29:24: Danach verliert sich jede Spur von ihr.

00:29:28: Für die Ermittler beginnt nun die Suche nach Hinweisen, die Aufschluss darüber geben könnten, was an dem Nachmittag des vierten November geschehen ist.

00:29:36: Josef und seine Familie behaupten, Lolita sei am vierten November nicht auf ihrem Hof gewesen.

00:29:43: Sie bestätigen aber, dass für diesen Abend ein Treffen geplant gewesen war.

00:29:48: Josef, sein Vater und Lolita wollten miteinander sprechen und sehen, wie es weitergeht.

00:29:54: Dieses Treffen sei für siebzehn Uhr in Lolitas Wohnort Junkerrad angesetzt worden, nicht auf dem Hof der Familie.

00:30:02: Offensichtlich hatte dort auf dem Hof niemand an diesem Nachmittag mit einem Besuch von Lolita gerechnet.

00:30:08: Was jedoch auffällt, Josef erklärt der Polizei, er habe von Lolita Schwangerschaft nichts gewusst.

00:30:15: Diese Aussage ist irritierend, denn Josef hatte Lolita ja sogar zu ihren Kontrollterminen in die Arztpraxis begleitet.

00:30:23: Und seinem bester Freund Christian gibt an, dass Josef ihn gebeten habe, Lolita zum Frauenarzt zu fahren.

00:30:31: Die Ermittler lassen diese Ungereimtheiten aber zunächst links liegen, denn sie konzentrieren sich zunächst auf einen anderen Ansatz, den Verdacht des Suizids.

00:30:41: Angesichts der Vorgeschichte von Lolita und des Abschiedsbriefes halten die Polizei und die Angehörigen es zunächst für sehr wahrscheinlich, dass sich Lolita etwas angetan haben könnte.

00:30:53: In den folgenden Tagen läuft eine groß angelegte Suchaktion an.

00:30:57: Feuerwehr, Polizei und Hundestaffeln sind im Einsatz und durchsuchen systematisch die umliegenden Wälder, Felder, Bäche und Gräben.

00:31:06: Über den sonst zu stillen und beschaulichen Dörfern kreist nun ein drönender Polizeihubschrauber, der die Suchmaßnahmen von der Luft aus unterstützt.

00:31:15: Auch die Dorfbewohner beteiligen sich.

00:31:17: Sie helfen den Einsatzkräften in der Hoffnung, Lolita noch rechtzeitig zu finden.

00:31:22: Wege, Flussufer, dichtes Unterholz, alles wird abgesucht.

00:31:27: Trotz des enormen Aufgebots an Kräften und Mitteln fehlt von Lolita jede Spur.

00:31:32: Es werden weder Kleidungsstücke noch persönliche Gegenstände der jungen Frau gefunden.

00:31:37: Es ist, als hätte sie sich spurlos aufgelöst.

00:31:40: Doch dann plötzlich überschlagen sich die Ereignisse.

00:31:43: Ein Busfahrer meldet sich bei der Polizei.

00:31:46: Er erinnert sich daran, Lolita am Montag, den acht November von seinem Bus ausgesehen zu haben.

00:31:51: Er kennt Lolita gut und er ist ganz sicher, dass sie es war.

00:31:55: Am achten November, das sind also dann vier Tage, nachdem sie aus dem Auto der Arbeitskollegin gestiegen ist, um ja wohl zu dem Hof von Josef und zum Vater zu fahren.

00:32:07: Genau, vier Tage später.

00:32:09: Und die Suchaktion im Gelände wird daraufhin sofort abgebrochen und alle sind erleichtert, dass Lolita lebt.

00:32:16: In den folgenden Tagen melden sich dann immer mehr Menschen, die Lolita nach dem vierten November gesehen haben wollen.

00:32:22: Sie sei in einer Bäckerei gewesen, dann sei sie noch in einem Lebensmittelgeschäft gesehen worden.

00:32:28: Jemand berichtet, dass sie an einer Fußgängerampel in Köln beobachtet wurde und wieder eine andere gibt an, dass sie in den Niederlanden sei.

00:32:36: Der Mittler kommt also zu dem Schluss, dass Lolita lebt und sich freiwillig abgesetzt hat.

00:32:41: Sie sei aus eigenem Antrieb verschwunden und es bestehe keine Gefahr für sie.

00:32:46: Lolita ist volljährig, sie darf sich aufhalten, wo sie will.

00:32:50: Die gesamte Ermittlung wird an diesem Punkt abgebrochen.

00:32:53: Und der Fall Lolita wird nun ganz offiziell zu einem Vermisstenfall.

00:32:59: Die Aussage des Busfahrers wird sich viele Jahre später als Folgenschwerer Fehler erweisen.

00:33:05: Aber davon ahnt noch niemand etwas.

00:33:08: In diesem Moment sind erstmal alle ermittelnden froh, dass Lolita augenscheinlich am Leben ist.

00:33:15: Die Ermittlungen sind inzwischen eingestellt, aber Lolitas Familie nimmt trotzdem Kontakt zu diesen Zeugen, auf die Lolita nach dem vierten November noch gesehen haben wollen.

00:33:25: Und es ist sehr seltsam, denn keiner von ihnen ist Lolita selbst begegnet, alle Berichten lediglich gehört zu haben.

00:33:34: Dass sie irgendwo gesehen worden sei, beim Bäcker oder in Köln oder in den Niederlanden.

00:33:39: Nur der Busfahrer, der ist sich ganz sicher, dass er Lolita selbst gesehen

00:33:42: hat.

00:33:43: Also sind es eigentlich quasi Zeugenaussagen aus zweiter Hand, immer ganz gefährlich.

00:33:49: Da kannst du ja natürlich dran fühlen, dass da irgendwas nicht stimmt.

00:33:52: Solche Gerüchte, die sind dann ganz schnell in der Welt.

00:33:55: Ich glaube, die soll ja da in Holland hier sehen worden sein.

00:33:59: So geht es dann.

00:34:01: Die sind überhaupt nicht überprüfbar.

00:34:02: Entscheidend scheint aber eben diese Aussage des Busfahrers zu sein, denn der sagt, ja, ich habe Lolita am achten November mit eigenen Augen gesehen.

00:34:13: Das ist seine Aussage.

00:34:15: Ja.

00:34:16: Im Februar, in Stadküll, Lolitas Schlüsselbund.

00:34:22: Dieser Ort, Stadküll, liegt etwa zehn Kilometer von der Kreuzung entfernt.

00:34:27: an der Lolita drei Monate zuvor aus dem Auto ihrer Arbeitskollegin gestiegen

00:34:31: ist.

00:34:32: Auch sehr seltsam auf einem Friedhof.

00:34:36: Es vergehen fünf Jahre, fünf Jahre, in denen es überhaupt keinen Hinweis und auch kein Lebenszeichen oder eine Spur von Lolita gibt.

00:34:45: Ich glaube, für die Familie ist das fast unerträglich.

00:34:48: Diese Ungewissheit, das kennen wir aus so vielen Erzählungen, was das dann für die Ja, für die Familie bedeutet und für alle Beteiligten.

00:34:57: Lolitas Mutter wird später sagen, dass diese Zeit die Hölle gewesen sei.

00:35:01: Wir haben immer gesucht und gesucht und nichts gefunden und sie war einfach wie vom Erdboden verschluckt, so schildert sie es.

00:35:10: Denn Lolitas Angehörige glauben nicht, dass Lolita einfach weggelaufen ist.

00:35:14: Die Familie ist sehr eng und herzlich verbunden und jeder weiß, dass Lolita sich melden würde, wenn sie irgendwo anders leben würde.

00:35:22: Denn ihr wäre klar, dass vor allem ihre Mutter in größter Sorge ist.

00:35:27: Erst in den letzten Jahren, also fünf Jahre nach Lulitas Mysteriösem verschwinden, kommt wieder Bewegung in diesem Fall.

00:35:36: Die Kriminalpolizei Intria hat die Akten und Protokolle aus dem Jahr in den letzten Jahren noch einmal geprüft.

00:35:43: Und es wird nun eine Sonderkommission gegründet.

00:35:46: Die Ermittler der SOCO befragen erneut die Zeugen von damals.

00:35:51: Und nun zeigt sich, dass im Jahr nineteenhundertzehnundachzig ein verhängnisvoller Fehler gemacht wurde.

00:35:57: Ein Zeuge hat sich nämlich geirrt.

00:35:59: Und das war der Busfahrer.

00:36:02: Er hatte ausgesagt, Lolita am Montag, den achten November, von seinem Bus aus gesehen zu haben.

00:36:07: Also vier Tage, nachdem sie das Auto ihrer Kollegin verlassen hatte.

00:36:12: Doch nun kommt ans Licht, dass der Busfahrer an diesem Tag dienstfrei hatte.

00:36:16: Unglaublich.

00:36:18: Tatsächlich hatte er Lolita nämlich bereits am vierten November gesehen.

00:36:22: Also genau an dem Tag, an dem sie spurlos verschwand.

00:36:26: Und damit fällt alles wie ein Kartenhaus zusammen.

00:36:29: Diese Aussage des Busfahrers hatte fünf Jahre zuvor maßgeblich dazu beigetragen, dass die Ermittlungen sofort beendet wurden und Lolita von diesem Moment an als Vermisstenfall geführt wurde.

00:36:43: Den Ermittlern fällt bei der erneuten Durchsicht der Akten noch etwas auf.

00:36:47: Etwas, das alles verändern könnte.

00:36:50: Denn bereits in deiner Zeit hatte jemand berichtet, er habe gehört, dass Josef's bester Freund Christian in einer der Nächte kurz nach Lolitas verschwinden, nicht nach Hause gekommen war.

00:37:03: Am nächsten Tag, als seine Mutter ihn fragte, wo er in jener Nacht gewesen sei, antwortete er nur, das kann ich mein Leben lang nicht erzählen, über diese Nacht.

00:37:14: Die Ermittler befragen nun sowohl Christian als auch dessen Mutter noch einmal ausführlich zu der besagten Nacht und zu diesem rätselhaften Satz.

00:37:24: Doch beide geben nun an, dass diese Worte so nicht gefallen sein.

00:37:29: Josef Freund, Christian bestreitet alles und auch seine Mutter relativiert ihre Aussagen von twohundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundund.

00:37:58: Also, der Hauptzeuge der Busfahrer, der hat Lolita nicht vier Tage nach ihrem Verschwinden gesehen, sondern genau an dem Tag, an dem sie verschwunden ist, als sie zu Josef auf dessen Hof wollte.

00:38:12: Und Josefs Freund Christian war in einer Nacht kurz nach Lolitas Verschwinden nicht nach Hause gekommen.

00:38:18: Aber er behauptet nun, fünf Jahre später, dass er nie gesagt hätte, dass er in seinem ganzen Leben niemals über diese Nacht sprechen kann.

00:38:28: Und Josef weiß jetzt plötzlich doch von Lolita Schwangerschaft.

00:38:33: Alles sehr seltsam.

00:38:36: Aufgrund all dieser neuen Erkenntnisse und Widersprüche gelang der Mittler nun zu einer erschreckenden Schlussfolgerung.

00:38:44: Sie gehen jetzt nicht mehr davon aus, dass Lolita freiwillig verschwunden ist.

00:38:48: sondern sie vermuten, dass es sich hier um ein Tötungsdelikt handelt.

00:38:52: Zum ersten Mal steht der Verdacht im Raum, dass Lolita Opfer eines Verbrechens geworden ist.

00:38:58: Und der Mittler haben auch zwei Hauptverdächtige, Josef, den jungen Mann, der Lolitas große Liebe und der Vater ihres ungeborenen Kindes war und seinen Vater.

00:39:09: den gefürchteten Patriarchen, der schon immer als jezornig und unberechenbar galt und der so vehement gegen die Beziehung seines Sohnes zu Lolita gekämpft hatte.

00:39:20: Die Ermittler in Durchkämmen nun fünf Jahre nach dem Verschwinden von Lolita erneut den dichten Wald rund um den Hof von Josefs Vater.

00:39:27: Stunde um Stunde arbeiten sie sich mit Spürhunden durch das unwegsame Gelände und durch Suchen Gräben, Lichtungen und alte Holzstapel, in der Hoffnung endlich eine Spur von Lolita zu finden.

00:39:39: Doch auch nach Tagen entdecken sie nichts, was darauf hinweisen könnte, was mit Lolita geschehen ist.

00:39:45: Die Suche im Gelände wird schließlich abgebrochen.

00:39:48: Trotzdem entschließen sich die Ermittler Josef festzunehmen und ihn dem Ermittlungsrichter vorzuführen.

00:39:55: Während der Befragung wirkt Josef ruhig und sehr beherrscht.

00:39:58: Ohne sichtbare Nervosität schildert er, wo er am Abend des vierten November, Er habe mit seinem Vater in einer Gaststätte in Junkerath auf Lolita gewartet.

00:40:10: Die drei seien dort verabredet gewesen, um über die Zukunft des Babys zu sprechen, aber Lolita sei nicht erschienen.

00:40:18: Wochenlang haben sich die Ermittler dieser zweiten Ermittlungsgruppe nun mit widersprüchlichen Aussagen und Wagenhinweisen beschäftigt.

00:40:25: Aber sie stehen nach wie vor mit leeren Händen da.

00:40:28: Es gibt keine Leiche, es gibt kein Geständnis und es gibt keinen Beweis.

00:40:33: Trotzdem sind die Beamten der Kriminalpolizei davon überzeugt, dass Lolita, ob fein ist, verbrechens wurde.

00:40:40: Doch den beiden Hauptverdächtigen, Josef und seinem Vater, ist absolut nichts nachzuweisen.

00:40:46: Und so bleibt den Ermittler nichts anderes übrig, als den Fall Lolita im Jahr nineteenhundertsehneunachtzig erneut zu schließen.

00:40:53: Fünf Jahre hatte es gedauert, bis die Ermittler die Akte Lolita noch einmal geöffnet haben und nun werden die Ordner wieder zugeklappt, sorgsam beschriftet und zu den anderen Matten mit ungelösten Fällen ins Archiv geschoben.

00:41:06: Der Fall gerät in Vergessenheit.

00:41:08: Nun vergehen lange, bittere Jahre.

00:41:11: Die Akte Lolita liegt vergessen in den Archiven.

00:41:14: Doch für Lolitas Familie ist jeder einzelne Tag, der nun vergeht, eine Qual.

00:41:20: Und obwohl alles dagegen spricht, klammert sich die Mutter an jeden Strohhalm.

00:41:25: Ja, in ihrer Verzweiflung sucht Lolitas Mutter nun regelmäßig Vasager auf, in der Hoffnung, dass einer von ihnen einen Hinweis geben könnte.

00:41:34: Lolita wird zu Weihnachten wieder zu Hause sein, das sagt einer dieser Wahrsager, aber Lolita kommt nicht wieder zu Weihnachten noch irgendwann danach.

00:41:43: Mit der Zeit gewöhnt sich Lolitas Mutter an, jeden Abend eine kleine brennende Kerze ins Küchenfenster zu stellen, damit ihre Tochter, wie sie sagt, den Weg auch im Dunkeln nach Hause findet.

00:41:55: Und die Kerze soll... Eigentlich sage ich denk an dich und vor allem ich warte auf dich, aber wir werden am Ende dieser Geschichte noch sehen, wie unglaublich berührend das ist, wenn sich der ganze Kreis schließt.

00:42:10: Auch wenn Lolitas Mutter jeden Abend die kleine Kerze in ihr Küchenfenster stellt und auch wenn manchmal doch noch für einen flüchtigen Moment Hoffnung aufkommt, dass Lolita vielleicht doch leben könnte, wissen es doch alle im Grunde besser.

00:42:25: Für Lulitas Mutter steht fest, wenn ihre Tochter tatsächlich Opfer eines Verbrechens geworden ist, dann trägt Josef die Schuld.

00:42:33: Das sagt sie oft.

00:42:35: Im Jahr nineteenhundertsechsohneunzig stirbt Lulitas Vater.

00:42:39: Zu diesem Zeitpunkt ist seine Tochter bereits seit vierzehn Jahren spurlos verschwunden.

00:42:44: Und nichts, gar nichts deutet darauf hin, dass jemals geklärt wird, was mit der schwangeren, jungen Frau geschehen

00:42:52: ist.

00:42:52: Aber in dem Fall kommt doch wieder Bewegung in den alten Fall.

00:42:56: Ein Ermittler der Mordkommission Trier durchforstet nämlich rutinemäßig die Aktenalter ungelöster Fälle aus der Region.

00:43:04: Und dieser Ermittler, es ist der Kriminalhauptkommissar Wolfgang Schuh, der stößt schließlich auf die Akte zum Fall Lolita.

00:43:12: Die junge Frau ist zwanzig Jahre zuvor spurlos verschwunden.

00:43:16: Zwei Ermittlerteams haben sich schon mit dem Fall befasst.

00:43:18: eines die Unterlagen zu dem Fall umfassen mehr als ein Tausend Seiten.

00:43:28: Und schon beim ersten Durchblättern spürt Kriminalhauptkommissar Schuh, dieser Fall wird ihn jetzt nicht mehr loslassen.

00:43:34: Wie die Kollegen, die in dem Fall an dem Fall gearbeitet haben, ist Wolfgang Schuh nach der Lektüre der Dokumente überzeugt.

00:43:42: Lolita ist Opfer eines Verbrechens geworden.

00:43:46: Und wie die Kollegen vor ihm, sieht er in Josef und dessen Vater die Hauptverdächtigen.

00:43:51: Schuhe beschließt, sich dieses Falles anzunehmen.

00:43:55: Der Kriminalhauptkommissar fährt in die Eifel nach Frauenkron und besucht die Familie von Lolita.

00:44:01: Zwanzig Jahre ist es nun her, dass Lolita das letzte Mal lebend gesehen wurde.

00:44:06: Trotzdem zündet ihre Mutter immer noch jeden Abend eine Kerze an und stellt sie in das Küchenfenster.

00:44:13: Kommissar Schuh verspricht Lolitas Mutter, sich um den Fall zu kümmern.

00:44:18: Bringen sie uns Lolita heim, sagt die inzwischen achtzigerige Frau und Wolfgang Schuh verspricht sein möglichstes zu tun.

00:44:26: Der Kriminalhauptkommissar arbeitet nun viele Jahre an dem Fall.

00:44:30: Aber er kann sich nicht schwerpunktmäßig mit Lolitas Verschwinden beschäftigen, denn die Aufklärung der alten Kultcasefälle läuft nur nebenher.

00:44:38: Das bedeutet, wann immer er neben seiner eigentlichen, seiner täglichen und aktuellen Arbeit ein Zeitfenster findet, fährt Schuh nach Frauenkron.

00:44:48: Er spricht hier mit alten Zeugen, er besucht Orte, die Lolita damals kannte und er setzt mühsam die Puzzleteile zusammen, die sich über die Jahrzehnte noch rekonstruieren lassen.

00:45:00: Wolfgang Schuh ist nach wie vor überzeugt.

00:45:02: Josef ist verantwortlich für das Verschwinden von Lolita.

00:45:06: Doch bisher gibt es keinen einzigen, stichfesten Beweis, der dies belegen könnte.

00:45:12: Schuh weiß, dass er neue Zeugen braucht, um weiterzukommen.

00:45:15: Sonst steckt der Fall fest und seine Ermittlungen sind erschöpft.

00:45:20: Im August, hier wendet er sich an das Fernsehen und bittet die Bevölkerung um Mithilfe bei der Lösung dieses Fals.

00:45:28: Und tatsächlich, es gehen in der Folgezeit mehrere Hinweise

00:45:32: ein.

00:45:33: Und einer dieser Hinweise ist für den Kriminalhauptkommissar besonders interessant, denn eine Person meldet sich, die berichtet, dass sie damals, im November twohundertundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundund.

00:45:59: Also diese Aussage gab es ja schon mal, die wurde aber dann ja von dem Christian und auch von dessen Mutter so relativiert und eigentlich abgewiegelt und dann wurde das auch so wahrscheinlich nicht groß weiter verfolgt.

00:46:13: Jetzt nach diesem Aufruf im Fernsehen gibt es einen weiteren Menschen, der genau das Gleiche widersagt.

00:46:20: Also dieser Satz Ich kann da ein Leben lang nicht drüber sprechen, was in dieser Nacht los war.

00:46:25: Der liegt jetzt wieder auf dem Tisch.

00:46:27: Der liegt auf dem Tisch, und zwar von einer unabhängigen und ganz neuen Quelle.

00:46:31: Und das ist entscheidend.

00:46:33: Es wird also wieder über diese seltsame Nacht gesprochen.

00:46:37: Aufgrund dieses Hinweises lädt Wolfgang Schuh-Christian-Nachtrier ein, um ihn persönlich zu befragen.

00:46:43: Denn das ist der Moment, auf den der Kriminalhauptkommissar seit Jahren gewartet hat.

00:46:48: Am achtem September, zwei Tausend Elf erscheint Christian Intrier und betritt das Büro von Wolfgang Schuh.

00:46:56: Christian ist inzwischen fünfzig Jahre alt und Vater einer achtzehnjährigen Tochter.

00:47:02: Schuh beginnt mit der Befragung, aber Christian macht es dem Kriminalhauptkommissar nicht leicht.

00:47:08: Immer wieder weicht er den Fragen aus, er gibt nur sehr vage Antworten und versucht die entscheidenden Details zu umschiffen.

00:47:16: Der Kommissar klärt Christian darüber auf, dass er keine rechtlichen Konsequenzen zu befürchten habe.

00:47:22: Eine eventuelle Mittäterschaft wäre inzwischen rechtlich verjährt.

00:47:26: Trotzdem schweigt Christian behaulich.

00:47:29: Nach einiger Zeit macht Schuh eine kleine Pause.

00:47:32: Er lehnt sich zurück, sieht den Zeugen eindringlich an und sagt mit Nachdruck, wie würde es ihnen gehen, wenn ihre achtzehnjährige Tochter verschwunden wäre.

00:47:43: Und das ist der Durchbruch.

00:47:45: Christian macht kurze Zeit später eine Aussage.

00:47:49: Unser Kollege Tim hat sich mit dieser Aussage beschäftigt und fast noch mal zusammen, was der Zeuge, also Christian, an diesem Tag im September, in Trier ausgesagt

00:48:00: hat.

00:48:02: Am achten September, gibt Josefs Freund Christian um elf Uhr fünfzehn eine Erklärung ab.

00:48:09: Und die lässt einem den Atem stocken.

00:48:12: Denn er erzählt, dass er am Samstag nach Lolitas verschwinden auf einer der Wiesen von Josefs Vater gearbeitet hat.

00:48:18: Er hat oft auf dem Hof des Großbauern ausgeholfen.

00:48:21: Ja, und an diesem Tag sei Josef plötzlich mit dem Auto aufgetaucht.

00:48:25: Christian schildert die Situation folgendermaßen.

00:48:29: Josef, der kam eines Tages morgens zu mir und sagte, er hätte die Lolita umgebracht.

00:48:34: Wie?

00:48:35: Weiß ich nicht, keine Ahnung.

00:48:37: Und dann habe ich, ich weiß nicht, wie es mir damals gegangen ist, habe ich ihm auf jeden Fall geholfen, das Mädchen ja so weg zu tun.

00:48:46: Josef habe ihn um Hilfe beim Wegschaffen der Leiche gebeten.

00:48:50: Am Abend seien sie dann zusammen zu einem Schuppen in der Nähe des Hofs gefahren, wo sie Lulitas Leiche, die Josef zuvor bereits in Folie gewickelt hatte, geholt hätten.

00:48:59: Sie hätten das tote Mädchen dann im Kofferraum transportiert und seien sogar an Lulitas Elternhaus vorbei gefahren, bevor sie die Leiche auf einer Mülldeponie in der Nähe von Frauenkronen abgeladen hätten.

00:49:10: Josef habe noch Müll über sie geschichtet.

00:49:13: Ich war geschockt, wird Christian später sagen.

00:49:15: Aber ich habe nicht nachgefragt.

00:49:19: Es war den Ermittlern schon, dass Josef etwas mit Lolitas Verschwinden zu tun haben muss, aber es dauert noch weitere vierundzwanzig Jahre, bis der Fall endgültig geklärt werden konnte.

00:49:34: Christian, das haben wir gehört, hat keine Konsequenzen zu befürchten, denn die Mittäterschaft ist verjährt.

00:49:42: Josef und Christian sollen angeblich nie wieder über diese Nacht gesprochen haben.

00:49:47: Der Kontakt zwischen den beiden sei dann auch abgebrochen, so erzählt es Christian.

00:49:52: Und er sagt später noch, dass er große Angst hatte.

00:49:55: Josef und sein Vater könnten ihm den Mord letztendlich anhängen.

00:49:59: Trotzdem für mich total unbegreiflich, keine Fragen zu stellen.

00:50:03: Was hast du gemacht mit ihr, auch danach keine Fragen zu stellen?

00:50:06: Das ist so.

00:50:07: Also einerseits damit machen und andererseits totale Verdrängung.

00:50:11: Ich kann es gar nicht nachvollziehen.

00:50:15: Ja, und übrigens zu Josef's Vater, der ist inzwischen schon lange verstorben.

00:50:21: Also es steht nur noch Josef im Zentrum der Ermittlungen.

00:50:26: Bereits am Tag nach Christians Aussageentrier, also am neunten September, zwei Tausend Elf, wird Josef wegen dringendem Mordverdacht festgenommen und er kommt sofort in Untersuchungshaft.

00:50:38: Die Müllkippe, von der Christian gesprochen hat und auf der Ehe und Josef fast dreißig Jahre zuvor Lolitas Leiche versteckt haben sollen, die ist inzwischen seit vielen Jahren stillgelegt.

00:50:49: Das Gelände ist längst überwuchert.

00:50:51: Dichte Büsche, hohe Gräser und vereinzelte Bäume sind hier im Laufe der Jahre gewachsen und nichts erinnert mehr daran, dass diese grüne Lichtung früher einmal eine Deponie war.

00:51:01: Aber der Müll, der ist noch da.

00:51:04: Der liegt unter der Erdschicht und unter den Gräsern und Sträuchern.

00:51:09: Zunächst werden Probeburungen auf dem Gelände durchgeführt, denn man will sicherstellen, dass der Boden nicht toxisch belastet ist und dass die Ermittler hier gefahrlos arbeiten können.

00:51:19: Glücklicherweise ergeben die Untersuchungen keine Hinweise auf Gifte.

00:51:23: Und so beginnen die Ermittler vier Wochen nach Christiansaussage mit der Suche auf der ehemaligen Mülldeponie.

00:51:31: Die stillgelegte Müllkippe, von der Christian gesprochen hatte, ist rund sixhundert Quadratmeter groß und bis zu fünf Meter tief.

00:51:39: Die Ermittler durchsuchen das Gelände akribisch.

00:51:42: Mehrere Bagger kommen zum Einsatz und Leichenspürhunde werden eingesetzt, um jeden Quadratzentimeter zu überprüfen.

00:51:50: Schaufel um Schaufel frisst sich ein Bagger in den alten Müll hinein, während Polizisten jeden aufgewühlten Aushubsorgfelde kontrollieren, auf der Suche nach Hinweisen.

00:52:02: Wolfgang Schuh ist jeden Tag von morgens bis abends vor Ort.

00:52:06: Aber die Zeit vergeht und der Mittler finden nichts.

00:52:09: Elf Tage lang hat das Team von Wolfgang Schuh jetzt nach Lolitas Leiche gesucht, aber ohne Ergebnis.

00:52:16: Könnte Josef Lolita später noch irgendwo anders hingebracht haben?

00:52:21: Ohne das Wissen von Christian?

00:52:23: Auszuschließen ist das nicht.

00:52:25: Die Chance, dass im letzten verbliebenen Teil des Geländes noch etwas gefunden wird, erscheint inzwischen äußerst gering.

00:52:32: Die Anspannung auf der ehemaligen Mülldeponie ist deutlich spürbar.

00:52:37: Am neunzehnten Oktober, zwei Tausend Elf, telefoniert Wolfgang Schuh gerade mit dem Staatsanwalt, als er laute Rufe hört.

00:52:44: Ein Mann läuft auf ihn zu.

00:52:46: Herr Schuh, kommen Sie schnell, ruft er.

00:52:49: Ich glaube, wir haben sie.

00:52:51: Die Kollegen haben einen zusammengeschnürten Plastiksack gefunden.

00:52:55: Wolfgang Schuh ist sofort klar, dass das der Sack sein muss, den sie suchen.

00:53:00: Die Farbe der Folie ist die gleiche, die Christian beschrieben hat.

00:53:04: Schuh beugt sich hinunter und schneidet den Sack an einer Seite ganz vorsichtig ein paar Zentimeter auf.

00:53:11: Und nun gibt es keinen Zweifel mehr.

00:53:13: Denn die Ermittler können durch die kleine Öffnung der Folie ein Stück Stoff erkennen.

00:53:18: Es ist ein Stoff mit einem Pipitermuster.

00:53:21: Der Stoff der Hose, die Lolita am Tag ihres Verschwindens getragen hatte.

00:53:26: Dieser Fund bestätigt, was alle seit Jahrzehnten befürchtet hatten.

00:53:30: Lolita wurde ermordet.

00:53:33: Sie ist einem Verbrechen zum Opfer

00:53:34: gefallen.

00:53:41: Kriminalhauptkommissar Schuh ruft direkt von der ehemaligen Möldeponie Lolitas Familie an.

00:53:47: Sie haben sie uns zurückgebracht, das sagt die Mutter später zu ihm.

00:53:51: Eine Untersuchung im Rechtsmedizinischen Institut der Universität Mainz bringt wenige Tage später anhand einer DNA-Analyse-Gewissheit.

00:54:00: Es handelt sich bei der gefundenen um die sterblichen Überreste von Lolita Brieger.

00:54:05: Lolitas Mutter sagt nach dem Auffinden ihrer Tochter, so schlimm das alles ist, manches macht es auch leichter.

00:54:12: Ich muss jetzt nicht mehr auf sie warten und nachts zusammenzucken, wenn ich Schritte vor der Tür höre.

00:54:18: Ja, und zwei Gedanken zu diesem Fund und diesem Fundort, ich finde es über alles hinaus fürchterlich, dass das auch noch eine Mülldeponie war.

00:54:33: Diese junge Frau ist auf dem Müll entsorgt worden.

00:54:37: Das ist fürchterlich, kann da kaum drüber sprechen gut.

00:54:41: Und das andere, was uns beide so bewegt hat, ist, dass Lolitas Mutter von ihrem Haus aus das Gelände dieser ehemaligen Deponie sehen konnte.

00:54:51: Also die Mülldeponie, die lag auf einem Hügel in ihrer Sichtweite.

00:54:56: Lolita war also immer in ihrer Nähe.

00:54:58: Genau.

00:54:58: Diese Kerze, die die Mama so viele Jahre Abend für Abend angezündet hat, damit die Tochter nach Hause findet, wie ein Symbol.

00:55:08: Ja,

00:55:09: die konnte man von dieser Deponie, von dem Müll, Hügel gegenüber des Wohnhauses von Lolita's Familie, die hätte man sehen können.

00:55:19: Lolita und ihr ungeborenes Kind werden am vierten November, zwei Tausend Elf, beerdigt.

00:55:26: Ihr Grab befindet sich neben dem von Lulitas Vater.

00:55:30: Lulita wäre zu diesem Zeitpunkt siebenundvierzig Jahre alt und ihr Kind achtundzwanzig.

00:55:39: Auf einem Kreuz steht Lulitas Name.

00:55:41: Darunter ist ihr Geburtsjahr neunzehnundhundertsechzig und ihr Todesjahr neunzehnundzweiundachtzig eingraviert.

00:55:48: Etwas weiter unten ist noch eine weitere Jahreszahl zu erkennen.

00:55:54: Das Jahr in dem Lolita endlich gefunden und beerdigt werden konnte.

00:55:58: Vor dem Kreuz liegt ein aufgeschlagenes Buch aus Marmor.

00:56:02: Darauf steht die Inschrift.

00:56:04: Spuren im Sand verwehen.

00:56:06: Spuren im Herzen bleiben.

00:56:10: Josef sitzt seit November in Untersuchungshaft, aber er schweigt seit seiner Festnahme zu den Vorwürfen.

00:56:16: Auch seine Mutter und seine Geschwister haben von ihrem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch gemacht.

00:56:22: Josef's Vater ist ja schon vor einigen Jahren verstorben.

00:56:26: Am neunzwanzigsten Dezember, Zwei Tausend Elf, erhebt die Staatsanwaltschaft Trier Anklage wegen Mordes.

00:56:33: Die zentrale Frage, die in dieser Verhandlung geklärt werden soll, dreht sich um die Art und Weise, wie Josef seine Ex-Freundin getötet hat.

00:56:42: Hat er sein Opfer erwürgt oder erdrosselt?

00:56:44: In Lolitas Pullover hat man Reste von Draht gefunden.

00:56:48: Aber die Rechtsmediziner konnten keine klare Aussage darüber treffen, wie genau Lolita getötet worden war.

00:56:55: Der anstehende Prozess erregt nun bundesweit großes Aufsehen.

00:56:59: Denn jetzt hängt alles von einer Frage ab.

00:57:01: Handelt es sich um Mord oder um Totschlag.

00:57:04: Und diese Frage ist deshalb so entscheidend?

00:57:08: Denn... Totschlag wäre verjährt, das bedeutet Strafreiheit und Mord verjährt niemals.

00:57:17: Der Prozess beginnt am Sechsten März, und bereits Stunden vor der Verhandlung drängen sich die Vertreter aller großer Zeitungen und Fernsehsender vor dem Gerichtsgebäude.

00:57:28: Angeklagt ist der Landwirt Josef K., dem vorgeworfen wird, seine ehemalige Freundin Lolita Brieger getötet zu haben.

00:57:36: Josef ist jetzt einundfünfzig Jahre alt.

00:57:39: Er führt inzwischen den Hof seines Vaters.

00:57:42: Josef war im Lauf der vergangenen Jahre zweimal verheiratet.

00:57:46: Als er den Gerichtssaal betritt, trägt er einen dunklen Anzug, dazu Hemd und Krabatte.

00:57:52: Doch sein Gesicht verbirgt er hinter einer roten Mappe, die er mit den gefesselten Händen vor sich hält, während die Kameras klicken.

00:57:59: Seit seiner Festnahme vor sechs Monaten schweigt Josef

00:58:03: K. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft ist klar.

00:58:07: Laut der Anklage lockte Josef K. seine schwangere Ex-Freundin am Nachmittag des vierten November, in einen Schuppen in der Nähe seines Elternhauses, und er drostelte sie dort.

00:58:18: Anschließend habe er die Leiche in Folie eingewickelt und sie dann wenige Tage später auf der Mülldeponie von Frauenkronen vergraben.

00:58:26: Die Staatsanwaltschaft betont außerdem, dass in der Zwischenzeit der Vater des Angeklagten verstorben sei.

00:58:32: Ein potenzieller Mitwisser, der möglicherweise nicht in die Vorgänge hätte bringen können.

00:58:37: Josef Vater ist nicht mehr am Leben.

00:58:39: Er kann nicht mehr befragt werden und einen Tatort gibt es auch nicht mehr.

00:58:44: Denn der Schuppen, in dem Josef Lolita damals mutmaßlich umgebracht hatte, der war längst abgerissen worden.

00:58:51: Das bedeutet, es können keinerlei Spuren mehr gesichert werden.

00:58:55: Auch unmittelbare Tatzeugen existieren nicht.

00:58:58: Und ein Geständnis hatte es nie gegeben.

00:59:01: Eine schwierige Ausgangslage.

00:59:04: Aber es gibt sechsundzwanzig Zeugen, die nun vor Gericht aussagen sollen.

00:59:08: Unter anderem sagt eine Ex-Freundin von Josef aus, die in den neunziger Jahren eine Weile mit ihm zusammen im Haus seiner Eltern gelebt hatte.

00:59:16: Unter einem Wäschestapel habe sie einmal eine Klarsichtfolie gefunden, in der Zeitungsartikel über das Verschwinden einer Lolita-Brieger gesammelt worden waren.

00:59:24: Sie habe Josef darauf hingefragt, wer das sei.

00:59:27: Und er sagte, das sei eine Ex-Freundin von ihm gewesen.

00:59:31: Sie habe damals zwanzigtausend Mark Abfindungen bekommen für eine Abtreibung in Holland.

00:59:36: Danach, so erzählte er, sei sie auf die schiefe Bahn geraten, habe mit Drogen zu tun gehabt und arbeite nun als Prostituierte in Holland.

00:59:46: Josef und die Zeugin trennten sich kurze Zeit später und die Frau zog aus seinem Haus aus.

00:59:51: Eine andere Ex-Freundin erzählt von der unglaublichen Angst, die Josef vor seinem übermächtigen Vater hatte.

00:59:57: Eine Angst, die ihn sein ganzes Leben lang begleitet hat.

01:00:00: Sie schildert vor Gericht, dass Josefs sich im Alter von vierzig Jahren noch immer nicht traute, in der Gegenwart seines Vaters zu rauchen.

01:00:08: Und das, obwohl sein Vater selbst starker Raucher war.

01:00:12: Dann kommt Josefs Freund Christian in den Zeugenstand.

01:00:15: Er ist der wichtigste Zeuge, denn in diesem Prozess soll ja geklärt werden, Ob es sich bei dem Verbrechen um Totschlag oder um Mord handelt.

01:00:25: Aber Christian kann keinerlei Aussagen dazu treffen.

01:00:29: Er habe Josef nie gefragt, was genau damals geschehen ist.

01:00:33: Nicht in jener Nacht und auch nicht danach.

01:00:36: Die entscheidende Frage kann damit nicht beantwortet werden.

01:00:40: Vielleicht klären wir mal, was der Unterschied ist zwischen Mord und Totschlag.

01:00:44: Ja,

01:00:44: also jetzt wird's juristisch und die Juristen mögen mir nachsehen, wenn ich den einen oder anderen kleinen Fehler mache.

01:00:52: Ich versuche es zusammenzufassen und auch zum Teil vorzulesen.

01:00:56: Also.

01:00:57: Totschlag per Definition liegt vor, wer einen Menschen vorsätzlich tötet, ohne ein sogenanntes Mordmerkmal zu verwirklichen.

01:01:07: Und der Unterschied zwischen Mord und Totschlag liegt also in der Anwesenheit von Mordmerkmalen, die nach unserem deutschen Strafgesetzbuch eine vorsätzliche Tötung besonders schlimm, also verwerflich machen.

01:01:25: Während der Totschlag eine vorsätzliche Tötung ohne solche Merkmale, Mordmerkmale, wie gesagt ist, wird der Mord durch das Vorliegen dieser Merkmale und die heißen im Einzelnen zum Beispiel Mordlust, Habgier, Heimtücke oder Grausamkeit definiert.

01:01:46: Diese Unterscheidung ist strafrechtlich relevant.

01:01:50: da zum einen der Mord mit lebenslanger Freiheitsstrafe geahndet wird, während der Totschlag mit einer Freiheitsstrafe von fünf bis fünfzehn Jahren bestraft wird und, und das ist in unserem Fall entscheidend, Mord verjährt niemals und Totschlag verjährt nach zwanzig Jahren.

01:02:12: Das bedeutet, in der letzten Konsequenz sollte Josef für Mord verurteilt werden, dann muss er ins Gefängnis.

01:02:19: Wenn nicht, also wenn das Gericht zu dem Schluss kommt, dass es sich bei der Tat um Totschlag handelte, dann ist Josef ein freier Mann.

01:02:28: Am einundreißigsten Mai halten der Staatsanwalt und Josef's Verteidigung ihre Plädoyers.

01:02:34: Für den Staatsanwalt ist der Fall eindeutig.

01:02:36: Er plädiert auf Mord aus niedrigen Beweggründen.

01:02:39: Der Angeklagte, so die Staatsanwaltschaft, habe seine ehemalige Freundin Lolita loswerden wollen, als sie von ihm schwanger wurde.

01:02:47: Und er fasst es mit den Worten zusammen.

01:02:50: Er, also Josef, hat sie am Ende als das letzte Stück Dreck bezeichnet und sie auch genauso entsorgt.

01:02:58: Ganz anders sieht es der Verteidiger von Josef.

01:03:01: Für ihn fehlt jeder stichhaltige Beweis dafür, dass Josef K. tatsächlich der Täter war.

01:03:07: Er plädiert auf Freispruch aus Mangel am Beweisen und wegen der Zweifel, die nach so vielen Jahren geblieben sind.

01:03:14: Josef, der bis jetzt in der gesamten Verhandlung konsequent geschwiegen hatte, sagt nun, schließe mich den Worten meines Verteidigers an.

01:03:28: Die Frage, ob Josef K. der Täter war, stellt sich in den Augen der Richter nicht.

01:03:32: An der Tatsache, dass Josef seine Ex-Freundin Lolita getötet hat, hat das Gericht keinen Zweifel.

01:03:39: Sie trafen sich im Schuppen, erklärt die Vorsitzende Richterin, und er tötete sie auf nicht mehr zu klärende Weise.

01:03:46: Möglicherweise habe er sie erwürgt, möglicherweise erdrosselt, dass sei nach dreißig Jahren nicht mehr feststellbar.

01:03:53: Das Entscheidende ist aber nach wie vor die Frage, ob es sich bei der Tat um Mord oder um Totschlag gehandelt hat.

01:03:59: Und das Gericht urteilt so, die Mordmerkmale der Heimtücke und den niedrigen Beweggründe seien nicht mehr sicher nachweisbar, so erklärt es die Richterin.

01:04:09: Das Gericht verurteilt Josef K. aus diesen Gründen wegen Totschlags.

01:04:14: Und wir haben es schon gesagt, weil Totschlag im Gegensatz zu Mord zu diesem Zeitpunkt bereits verjährt ist, ist Josef von diesem Moment an wieder.

01:04:22: Ein freier Mann.

01:04:23: Also nur zur Abgrenzung, dass Josef nach so vielen Jahren also kein Mord nachgewiesen werden kann, das ist ja absolut nachvollziehbar.

01:04:33: Dass man jetzt hinnehmen muss, dass er von der Verjährungsfrist des Totschlags in unserem Rechtssystem, dass er davon profitiert, das ist natürlich schwer hinzunehmen.

01:04:43: Das ist wirklich bitter und du hast dich ja in der Vorbereitung auf diese Folge mit dem Thema Totschlag und Verjährung.

01:04:50: eingehend beschäftigt.

01:04:52: Ja, und worüber man ja dann immer stolpert, ist die Begründung.

01:04:56: Weil die Frage habe ich mir dann gestellt und die stellt man sich, womit wird es eigentlich begründet, dass etwas verjährt.

01:05:03: Und da geht es ganz viel um den Begriff, um die Begründung Rechtsfrieden.

01:05:09: Also der Grundgedanke des Rechtsfriedens, den finde ich persönlich richtig gut und auch sehr gut nachvollziehbar, der Grundgedanke ist.

01:05:20: Es soll irgendwann mal Frieden herrschen.

01:05:23: Also das Gericht soll sich nicht noch jahrelang, wie man es hier auch sieht, mit Fällen beschäftigen, wo man vielleicht gar nicht mehr richtig beweisen kann, was ist eigentlich genau passiert.

01:05:35: Und es soll irgendwann mal so eine Ruhe einkehren und auch eine Klarheit.

01:05:40: Also kein ewiger Schwebezustand.

01:05:43: Das ist der Gedanke dahinter.

01:05:45: Ja, aber.

01:05:47: Es gibt natürlich den Einzelfall.

01:05:49: Und das ist so schwierig, finde ich, mit solchen, ich nenne es jetzt mal allgemeingültigen Regeln, werden sie wirklich dem Einzelfall gerecht.

01:05:58: Weil hier ist es ja gar nicht so, dass sich das Gericht damit beschäftigen müsste.

01:06:03: Weißt du Silvi, dass er das getan hat.

01:06:05: Für das Gericht, das ist Tatsache, ist es Fakt, er hat sie umgebracht.

01:06:12: Also der Totschlag ist begangen.

01:06:16: Und da dann zu sagen, ja, irgendwann muss aber mal Rechtsfrieden herrschen, das finde ich schwierig.

01:06:23: Und ich habe auch nachgelesen, es gibt da schon immer wieder jetzt auch Diskussionen darüber, dass man bei einzelnen schweren Taten, ob man da nicht die Verjährungsfrist zum Beispiel beim Trotschlag, ja, ob man das auflöst, denn hinzu kommt ja, dass durch die Zum Beispiel moderne Kriminaltechnik, immer mehr auch lang zurückliegende Fälle schon noch nachvollzogen und bewiesen werden können.

01:06:50: Ja, das ist ja wirklich ein wahnsinnig komplexes Thema.

01:06:52: Total.

01:06:53: Und ich finde Rechtsfrieden hier wäre gewesen.

01:06:56: Ja, es ist bewiesen.

01:06:58: Er

01:06:58: hat... sie getötet und deswegen kann er seiner gerechten Strafe zugeführt werden.

01:07:07: Die ihm für den Totschlag verdient hätte.

01:07:09: Das

01:07:10: meinst du.

01:07:11: Aber es geht eben nicht um den Einzelfall und das ist das, was man hier so bitte schlucken muss.

01:07:20: Ja, das Urteil ist gesprochen.

01:07:21: Josef K. hat Lolita getötet, aber... Er ist ein freier Mann und er ist auf der Flucht.

01:07:27: Durch einen Seiteneingang verlässt er unbemerkt das Landgerichtsgebäude.

01:07:30: Seine Anwälte warten draußen mit einem schwarzen Wagen auf ihn.

01:07:35: Josef K. legt sich auf die Rückbank und zieht sich die Jacke seines Verteidigers über den Kopf.

01:07:39: Geplant ist die Fahrt zu einer Autobahnraststätte, wo sein Bruder ihn übernehmen und aus der Landes bringen soll.

01:07:46: Raus aus Trier, raus aus der Eifel.

01:07:48: raus aus Deutschland.

01:07:49: Am Tag nach dem Gerichtsurteil ist Lolitas Grab überseht mit Rosen.

01:07:54: Und kurz danach stellen unbekannte auf der kleinen Lichtung, unter der die ehemalige Mülldeponie liegt, ein Holzkreuz auf.

01:08:02: Mörder Josef K. steht darauf.

01:08:05: Es dauert noch ein paar Monate, dann kommt Josef wieder zurück in seinen Heimatort in der Eifel.

01:08:10: Er lebt nun sehr zurückgezogen, man sieht ihn kaum noch.

01:08:14: Mörder sprühen unbekannte Mehrfach an sein Garagentor.

01:08:18: Die Polizei fährt Streife, um eventuelle Übergriffe auf Josef direkt abzuwehren.

01:08:24: Aber es kommt zu keinem weiteren Zwischenfällen.

01:08:27: Josef K. und Lolitas Familie leben nun wieder in unmittelbarer Nähe.

01:08:32: Aber Josef lebt zurückgezogen und man bekommt nicht viel von ihm mit.

01:08:37: Lolitas Mutter hat fast dreißig Jahre lang auf ihre Tochter gewartet.

01:08:41: Und sie hat fast dreißig Jahre lang Abend für Abend eine Kerze in ihrem Küchenfenster angezündet, damit Lolita weiß, wo sie zu Hause ist und wo sie vermisst und wo sie geliebt wird.

01:08:53: Sie war ihrer Tochter immer ganz nah.

01:08:55: Sie war nur ein paar Kilometer von ihr entfernt.

01:08:58: Ja, was bleibt noch zu dieser Geschichte und auch zu dem Verfahren später zu sagen?

01:09:05: Auch wenn die Hinterbliebenen und ich glaube hier auch die gesamte Öffentlichkeit nach diesem Urteilspruch sehr enttäuscht oder ja auch erschüttert sind, ist es schon auch auf der anderen Seite die große Stärke unseres Rechtssystems.

01:09:20: Denn es zwingt uns zur Objektivität, auch wenn die manchmal sehr hart ist und im Einzelfall vielleicht unvollständig und wie hier auch moralisch unbefriedigend erscheint.

01:09:36: Wenn ihr dazu noch Gedanken habt, zu diesem Fall, auch zu diesem Thema Rechtsfrieden, könnt ihr uns gerne schreiben an info-edge-spurlos-podcast.de.

01:09:47: Und alle weiteren Informationen findet ihr in den Shownotes.

01:09:50: Ich bedanke mich ganz herzlich bei Tim an dieser Stelle und natürlich bei dir, Silvi, fürs Mitterzählen.

01:09:55: Ich danke dir.

01:09:57: Danke an euch fürs Zuhören.

01:09:59: Bis ganz bald und passt aufeinander auf.

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